Oh Tannenbaum!
Hier in London ist dieser Januar ein besonders trister. Nicht nur ist er grau, windig und es wird gar nicht richtig hell. Überall liegen noch dazu die Reste vom Feste. Denn das Leben der Weihnachtsbäume ist ein kurzes. Es schmerzt, zu sehen, wie dieses Symbol der Hoffnung nackt und bloß, seines Schmuckes beraubt, auf der kalten, nassen Straße liegt. An jeder Ecke sind die grünen Kadaver derzeit zu finden. Oh, Tannenbaum!
Tatsächlich macht mich dieser Anblick nachdenklich, wie nie. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft und sprechen mittlerweile so oft über Verschwendung, CO2-Ausstoß und Nachhaltigkeit. Auf der anderen Seite holen wir uns einen echten Baum ins Haus und schmeißen ihn zwei, drei Wochen später achtlos auf die Straße. Ehrlich? Das passt für mich nicht zusammen.
Ein schöner Brauch, aber nachhaltig ist er nicht
Sicher, es ist ein schöner Brauch und all die Kinder würden wohl Augen machen, wenn ihre Geschenke plötzlich ohne das Grün da liegen würden. Aber vor allem, weil wir es ihnen so beigebracht haben und sie es nicht anders kennen, wie schon wir es nicht anders kennen. Aber nachhaltig ist es nicht. Und die Kinder werden bestimmt die ersten sein, die uns um Nachhaltigkeit bitten, sobald sie mitdenken können. Außerdem passen Kinder sich an. Vermutlich sind eher wir Erwachsenen es, die Mühe haben, Gewohnheiten aufzugeben.
Muss es eigentlich ein ganzer Baum sein?
Mal ganz radikal gefragt: Muss es eigentlich ein ganzer Baum sein? Oder, anders gefragt: Braucht wirklich jeder einen? Kann sich die Familie nicht einen teilen. Wir haben das dieses Jahre gemacht. Wir waren zu 16 und es gab nur einen Baum und der stand dort, wo hauptsächlich gefeiert wurde. Nur so ein Gedanke!
Zunächst waren es nur immergrüne Zweige
Traditionell waren es im Mittelalter einfach nur immergrüne Zweige, die Menschen sich zunächst in Süddeutschland ins Haus holten und fein schmückten – eben als Zeichen der Hoffnung in der dunklen Jahreszeit. Während es von jeher ein katholischer Brauch ist, eine Krippe aufzustellen, war der Christbaum ursprünglich ein protestantisches Weihnachtssymbol. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts stellt ihn auch der Rest Deutschlands in den Stuben auf. Und über die miteinander verwandten Adelshäuser kam der Baum auch in die Häuser des übrigen Europa. Deutsche Auswanderer brachten ihn schließlich mit in die neue Welt.
Ein Tannenbaum als Dank
Mittlerweile hat so ziemlich jede Stadt der westlichen Welt ihren Weihnachtsbaum. London stellt alle Jahre wieder einen besonders schönen großen Tannenbaum am Trafalgar Square auf – traditionell ein Geschenk der Norweger. Norwegen bedankt sich auf diese Weise für die Unterstützung der Briten gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg. Ein Geschenk also an alle Menschen hier.
Was das Abbauen des Weihnachtsbaums betrifft, variiert die Tradition vom Dreikönigstag am 6. Januar, an dem die meisten Haushalte ihren Tannenbaum rauswerfen. Und Maria Lichtmess am 2. Februar (dem 2.2.22). Bis zu diesem Tage immerhin dürfen die Weihnachtsbäume in den Kirchen stehen bleiben.
Oh Tannenbaum, es ist so schade um Dich!