Mimosen-Blog

Traumreisen

Ich bin ziemlich viel unterwegs in diesen Zeiten. Wahrhaftige Traumreisen sind das.
Kürzlich flog ich nach Argentinien mit gemischten Gefühlen im Bauch. Die Palette reichte von abenteuerlustig bis zitterängstlich.
Offenbar wollte ich ein Sabbatical einlegen – in Buenos Aires. Was genau meine Pläne waren, fand ich allerdings nicht mehr heraus, denn als der Flieger zur Landung ansetzte und ich unter mir viele grüne Berge entdeckte,
klingelte mein Wecker.
(Das heißt, er musizierte, da ich mich, wie schon einmal erwähnt von Go Outside von den Cults wecken lasse.)

Erklären kann ich mir diesen nächtlichen Ausflug allein mit der unterhaltsamen Lektüre eines Artikels von Christoph Gurk in der Süddeutschen Zeitung über die Schwäche der Argentinier für den Dollar. Demnach hegen sie ein natürliches Misstrauen gegen ihren Peso und horten die US-amerikanische Währung an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Doch auch das führt zu allerlei Verdruss, wenn das Versteck ein Blumentopf ist (hier verschimmeln die Scheine auch schon mal) oder der Grill (man kann sich denken, wie das ausgeht).
Dieser Artikel jedenfalls scheint in mein Unterbewusstes vorgedrungen zu sein und mich im Traum dazu bewogen zu haben, dieses mir unbekannte Land, endlich einmal kennenzulernen. Der Wecker kam dazwischen. Wer weiß, welche Abenteuer ich dort erlebt hätte. Ich werde es nie erfahren.

In einer anderen Nacht träumte mir von einer meiner wunderbaren Radtouren über die Ardennen, deren Steigungen mir im Traum keinerlei Schwierigkeiten verursachten. Traumhaft, aber meilenweit von der Wirklichkeit entfernt. Inspiration war neben der Realität möglicherweise The Climb diese sehr empfehlenswerte amerikanische Tragikomödie von Michael Angelo Covino, die mich am Abend zuvor auch noch mit der Tatsache konfrontiert hat, das Gilbert Bécaud auf Englisch nicht halb so charmant singt, wie auf Französisch, aber dafür sehr amüsant. Anfängern empfehle ich das im Soundtrack des Films enthaltene Too Good für heitere Momente in der, an heiteren Momenten nicht gerade reichen, Pandemie-Zeit.

Nächtliche Traumreisen

Ähnlich wie Umarmungen fehlen mir derzeit andere Orte. Und dann auch wieder nicht. Ich möchte physisch gar nicht mehr so viel unterwegs sein. Fliegen fehlt mir ohnehin nicht die Bohne. Was sich wunderbar mit meinem Verständnis von Umweltfreundlichkeit verträgt.
Nicht einmal vor der Haustüre radele ich derzeit gerne. Dort draußen ist es in den vergangenen Monaten einfach zu voll geworden. Selbst Menschen, die sonst im Winter lieber am Kamin gefläzt, auf die Kanaren oder in irgendwelche Skiorte verreist sind, gehen ja jetzt spazieren. Am liebsten in Düsseldorf am Rhein oder im Wald, wie es scheint, wenn man all die MEs, NEs, Es und DUs richtig interpretiert.
Mir genügen derzeit als Reisen die Armchair-Travels, Kopfkinos und Streams. (Zum Beispiel die großartige französischen Serie „Cinq Pourcent“ oder wie sie bei uns heißt „Call my Agent“. )

Und doch…
Auf einer meiner Traumreisen stand ich dann kürzlich wieder an diesem Strand auf Sardinien – westlich von Cagliari.
Seine wildromantische Mischung aus Nordseedünen und mit Wacholderbüschen bewachsenen Mittelmeerfelsen hat es mir besonders angetan. Der Sand ist weiß und die Wellen weich und gerade so temperiert, dass sie Abkühlung bringen, ohne abzuschrecken. Die Farbe des Wassers ist das eigentlich Faszinierende. Dieses türkis-grüne, stellenweise Smaragd- und dann wieder Petrolfarbene bezaubert mich immer aufs Neue.
Ungläubig schaute ich auf das Wasser zu meinen Füßen. Die zarten Wellen, die sie streichelten.

Das Glück in Wellen

Dann hüpfte ich über die erste Welle, über die zweite und dritte. Sprang in der Woge hoch, wenn das tiefere Wasser mir endlich bis zur Schulter reichte und mich umgab. Ließ mich schließlich hineinsinken in das kaschmirwollweiche Nass und rücklings von den Wellen wiegen, während ich in den tiefblauen Himmel blickte, beseelt vom Gefühl der Grenzenlosigkeit.
Und in dem Moment, in dem ich auch aus diesem Traum leider erwachte, wurde mir klar, dass es genau dieses Gefühl ist, das mir fehlt.

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