Mimosen-Blog

Umarmungsträume

Umarmungsträume hatte ich erstmals während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr, vor gefühlten Jahren. Glücklicherweise wussten wir damals noch nicht, dass der Ausnahmezustand eine ganze Weile unser Normalzustand bleiben würde. In meinem ersten Umarmungstraum traf ich eine ehemalige Nachbarin auf einer Buchmesse. Im richtigen Leben war ich tatsächlich noch nie auf einer Buchmesse, aber im Traum geht ja alles.
Ich sah also diese ehemalige Nachbarin, die auch im wirklichen Leben in der Buchbranche arbeitet und freute mich so riesig, dass ich sie sehr herzlich und fest umarmte.
Selbst im Traum wurde mir schlagartig bewusst, dass eine solch freudige Umarmung in Zeiten von Corona nicht angemessen ist. Ich entschuldigte mich daher bei ihr und sie wehrte sogleich ab: „Das ist schon in Ordnung, du darfst mich ruhig so umarmen. Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen.“
Ich wachte beglückt aus diesem ersten Umarmungstraum auf und konnte das Gefühl von Freude und Nähe in die Wirklichkeit herüberretten.

Umarmungsträume, die Zweite

Noch immer tanze ich um meine wunderbaren Eltern herum und habe sie seit vergangenem Frühjahr nicht mehr umarmt.
Das gleiche gilt für meine Schwester, meine Nichten und fast alle Freundinnen. Nur im Sommer gab es mal ein winziges Zeitfenster, währenddessen es drei Umarmungen mit sehr engen Freundinnen unter gegenseitigem Einverständnis gab. Taten die gut!

In meinem zweiten Umarmungstraum begegnete mir meine über alles geliebte, leider bereits vor einigen Jahren verstorbene Großtante. Sie stand beinahe jugendlich aufrecht plötzlich vor mir – ganz klar und schön. Mit Tränen in den Augen nahm ich sie voller Wiedersehensfreude fest in den Arm.
Und wiederum beschlich mich alsbald das schlechte Gewissen. Doch dann wurde mir sogleich bewusst, dass sie ja ohnehin nicht mehr lebt und ich sie daher wohl träumen musste. Und tja, was soll ich sagen. So war es leider auch. Und doch bin ich überglücklich, dass ich sie noch einmal sehen und sogar umarmen konnte.

Der jüngste meiner Umarmungsträume

Der jüngste meiner Umarmungsträume war anders als all die anderen. Nicht ich selbst umarmte jemanden. Ich war Umarmungszeugin.
Ein kleines Kind, ich weiß nicht einmal, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, umarmte sein Stofftier. Und zwar so fest, mit einer solch weltvergessenen und zu Herzen gehenden Inbrunst, zu der wohl nur Kinder fähig sind. Doch ebendiese Inbrunst führte mir noch einmal sehr deutlich vor Augen, wie sehr diese wunderbare Handlung des Umarmens gerade fehlt.

Ausnahmezustand etabliert sich

Wie schnell sich dieser Ausnahmezustand etabliert hat, bemerke ich bei jedem Film und jeder Serie.
Umarmen sich auf dem Bildschirm Menschen, küssen sich gar oder geben sich auch nur die Hand, meldet sich sofort das Störgefühl.
Ist das nicht zu nah, unvernünftig, ja fahrlässig?
Ich muss mich dann immer wieder selbst daran erinnern, dass das, was da gerade geschieht, eigentlich die Normalität ist.
So leben wir alle seit immer.
Manchmal frage ich mich, ob wir jemals wieder in diese Normalität zurückkehren werden, ohne das kleinste Störgefühl.
Ich hoffe es. Von Herzen. Und freue mich schon jetzt auf ungezählte, innige, sorglose Umarmungen mit allen Menschen, die ich liebe.

Hier geht’s zu meinem Blogbeitrag Traumreisen

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