Londonreise in Zeiten von Corona
Logbuch meiner Londonreise in Zeiten von Corona: Zugegeben für eine Reise nach England gibt es sicher bessere Zeiten als die gegenwärtige. Aber darauf kann ich nicht warten. Mein Herz lässt mir keine Wahl. Denn über Corona haben wir eine weitere Geißel der Menschheit verdrängt – den Brexit und der hat mich von meinem Liebsten getrennt.
Die Reisevorbereitungen gleichen einer Dissertation: So viele Beschränkungen und Auflagen gilt es zu beachten. Dabei finden in Post-Brexit London die Menschen gerade zurück in eine vorsichtige Post-Corona-Normalität. Knapp 55.000.000 Menschen sind hier bereits geimpft. Rund 19.000.000 von ihnen schon zum zweiten Mal. Das sind beeindruckende Zahlen. Die Regierung lässt aber noch längst nicht ganz locker. Das bekomme ich gerade selbst zu spüren, denn ich komme aus Post-Brexit- und Corona-Deutschland. Bin weder geimpft noch genesen und bin daher nur unter hohen Auflagen willkommen. (Wäre ich im Übrigen auch mit Impfung und genesen.) Ich muss vor dem Flug einen Test machen, der selbstverständlich negativ sein muss. Sonst darf ich gar nicht erst in den Flieger.
Hohe Auflagen für eine Londonreise in Zeiten von Corona
Außerdem muss ich vor Abflug (48 Stunden davor) eine so genannte passenger locator form ausfüllen. Die ist ziemlich kompliziert. Dafür weiß die Britische Regierung jetzt einiges über mich.
Ich muss mich zehn Tage selbst isolieren. Nicht von mir selbst, aber von allen anderen Menschen in London, außer vor meinem Freund. Von zu Hause aus musste ich mir für teures Geld ein Covid-19-Test-Kit an seine englische Adresse senden lassen: Einen Test für Tag zwei, einen für Tag acht meiner unfreiwilligen, freiwilligen Quarantäne…
Logbuch meiner Londonreise in Zeiten von Corona: Tag eins
Von Krähenkrächzen geweckt. Hier verbreiten sie sich also auch so unaufhaltsam wie in Hometown Düsseldorf. Vor dem Haus wurde außerdem pünktlich zu meinem Empfang ein Bau-Container aufgestellt, in den lauter fleißige Handwerker in Minutenintervallen Schotter schütten, den sie in Plastiktüten aus dem Erdgeschoss des Nachbarhauses tragen. Sie entkernen ein ehemaliges Restaurant in Feinarbeit. Alle paar Stunden hält ein dröhnender Laster vor dem Haus, entleert den Container und fährt wieder davon.
Dann kommt der Anruf. Eine 0300-Nummer aus dem britischen Königreich, die mir unbekannt ist. Ich gehe nicht dran. Ich werde sie auf der Seite der Regierung finden. Es ist jene Nummer von der ich jetzt täglich hören werde. Wenig später ein weiterer Anruf. Dieses Mal gehe ich dran. Ich höre eine ganze Litanei an Auflagen, die mir bereits bekannt sind (unter anderem geht es um das Test-Kit). Außerdem erfahre ich, dass das Gespräch und meine Informationen aufgezeichnet werden und sowohl der Regierung und dem Home Office zugänglich gemacht werden. Wenn ich gegen die Auflagen verstoße, muss ich eine Strafe zahlen. (Schlappe 10.000 Pfund) Das habe ich weder vor noch kann ich es mir leisten.
Im Innern meines Quarantäne-Kokons gibt’s Abends köstliche Hähnchen-Casserole, die den ganzen Tag vor sich hingeschmort hat. Wir essen sie bis zum letzten Tropfen Sauce auf.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag zwei
Von einer Gabe Tee geweckt. Schon mal sehr viel sanfter als am Vortag.
Ich bin aufgeregt, denn heute ist der zweite Tag meiner Isolation und damit der erste Test-Tag. Wie mache ich es, damit ich es richtig mache? Und was, wenn der Test positiv ist, obwohl ich negativ bin? Ich packe das Test-Kit aus, das bereits hier in London auf mich gewartet hat. Der Pappkarton enthält meine URN – die Nummer, die meinem Test zugeordnet wird, damit sowohl das Labor als auch die Regierung wissen, wie mein Ergebnis ausfällt.
Plötzlich ein ohrenbetäubendes Schrillen. Fire Alarm. Es ist der im Schlafzimmer, aber auch der in der Küche. Im Flur schrillt er auch, wie ich beim Öffnen der Wohnungstüre feststelle, synchron zu meiner Nachbarin. Wir lächeln uns unsicher an. Wissen beide nicht, ob es ein Probealarm ist oder es wirklich brennt. Ich weiß, dass ich selbstverständlich auch während meiner Quarantäne im Notfall das Gebäude verlassen muss. Vor dem Haus stehen die ersten Menschen.
Dann fährt ein Feuerwehrwagen vor, mehrere Feuerwehrleute springen heraus und laufen ins Haus. Der Alarm schrillt weiterhin ohrenbetäubend. Er schrillt so ohrenbetäubend, dass ich wie paralysiert bin. Ein Feuerwehrmann kommt aus dem Haus und springt wieder ins Feuerwehrauto, um sekundenspäter wieder herauszuspringen. Ich bin paralysiert und ratlos. Dann endlich stoppt das Schrillen. Die Menschen gehen wieder ins Haus. Das Feuerwehrauto düst ab.
Testphase
Und plötzlich mache ich mir gar keine Gedanken mehr über den Test. Beherzt ziehe ich das Wattestäbchen aus der Verpackung, streife damit meine Mandeln und das Zäpfchen, nicht aber Gaumen, Zähne und Zunge (streng verboten ;)) Bohre mir damit dann fünfmal in jedem Nasenloch herum, bevor ich es in das Röhrchen mit der rosafarbenen Flüssigkeit stecke, den überstehenden Stil abschneide, den Deckel draufschraube, dann ins nächste Röhrchen. In die Tüte, in den Karton, und in den Umschlag, zugeklebt fertig. Eine Minutensache.
Dann wieder der tägliche Anruf und die Litanei. Aber ich habe auch eine Frage: Darf ich denn das Haus verlassen, um den geschnürten Testkarton zur Testkarton-Box zu tragen? Ich darf.
Mein Spaziergang führt den Karton und mich durch die City über die London Bridge vorbei am Borough Market zur Southwark Cathedral. Vor dieser hübschen anglikanischen Kirche mit ihrem Shakespeare Fenster steht tatsächlich eine Box für meinen Test. Der Spaziergang hat gut getan.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag drei
Ich habe nachts um Vier eine Email des Labors erhalten, dass meine Test-Box angekommen sei. Als ich die Mail lese, ist es zehn Uhr morgens. Ich warte auf das Ergebnis.
Immer wieder lese ich die entsprechende Information auf der Seite des Testanbieters. Es kann bis 11.59 pm dauern, bis ich ein Ergebnis habe.
Ich schreibe und warte.
Ich warte und warte.
Gegenüber im Garten eines der kleinen Einfamilienhäuser rutscht ein kleines Mädchen mit einer großen weißen Schleife im Haar eine violette Plastikrutsche hinunter. Immer wieder.
Ich warte
Und was, wenn der Test positiv ist?
Unsinn, sagt mein Liebster. Du weißt genau, dass das nicht sein kann.
Weiß ich es wirklich mit absoluter Sicherheit? Was, wenn ich etwas falsch gemacht habe beim Testen?
Der Peregrine Falcon (Wanderfalke)
Vor dem Fenster segelt ein Wanderfalke. Auf englisch Peregrine Falcon. Er ist der schnellste Vogel der Welt. Er kann seine Beute nur fliegend fangen. Er stürzt sich aus der Höhe herab mit bis zu 320 km/h.
So schnell macht er das, dass ich es noch nie beobachtet habe. Er sitzt auf einem Vorsprung auf dem Hochhaus schräg gegenüber und peilt die Lage.
Manchmal schneit es Vogelfedern, wenn er wieder zugeschlagen hat.
Sein Tisch ist reich gedeckt: Überall Tauben und Möwen, weil die Anwohner der kleinen Einfamilienhäuser sie täglich mit Brot füttern. Das ist ein Hauen und Stechen. Krähen gesellen sich auch noch gerne dazu.
Dann der tägliche Anruf vom NHS. Immer der gleiche Text. Er wird zu Übungszwecken aufgezeichnet, weil ich nicht widerspreche.
Und ich warte immer noch.
Dann um 16 Uhr die Nachricht. Der Test ist negativ. Ich bin negativ und überrascht. Dabei wusste ich es doch eigentlich längst.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag vier
Schon lustig, Die meiste Zeit meiner Quarantäne verbringe ich liegend. Als sei ich krank. Dabei bin ich putzmunter. Ich beschäftige mich mit diesem Pinterest. Soll ja eine nützliche Suchmaschine sein für allerlei Trends und Tipps. Und hoffentlich auch für meine Romane :D.
Unten sind die Bauarbeiter weiter damit beschäftigt das Haus zu entkernen.
Manchmal trete ich hinaus auf den Balkon in den kalten Londoner Mai und schaue über die Bäume und Dächer hinweg viele Kilometer weit bis zu den Höhen von Hampstead und der kleinen Kirche dort oben auf dem Hügel. Ich sehne mich hinaus.
Wenigstens muss ich diese Quarantäne nicht allein durchstehen, wie mein Liebster vor ein paar Wochen. Er kauft ein, er kocht, er backt.
Keine Langeweile
Mir wird auch gar nicht langweilig. Ich weiß nicht, ob ich mich so lange mit diesem Pinterest und dieser SEO beschäftigen würde, wenn ich die Möglichkeit hätte, in London herumzuflanieren. Und diesen Blog würde ich vermutlich auch nicht schreiben.
Am Abend schauen wir Rocks einen tollen englischen Film auf Netflix. Über ein Schulmädchen (Rocks), dessen alleinerziehende Mutter abhaut und sie mit ihrem süßen kleinen Bruder alleine lässt. „Rocks“ kümmert sich daraufhin, so gut sie es als Minderjährige schafft, um ihren kleinen Bruder (beide sind schauspielerisch eine Entdeckung). Harter Film und super gut. Gedreht wurde er hier gegenüber.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag fünf
Test to release ist angesagt. Ich habe die Möglichkeit mich mit einem weiteren Test freizukaufen und habe einen Termin bei Boots gemacht, in der Pharmacy. Ist der Test negativ, bin ich eine freie Frau. Muss allerdings den Test aus meinem Test-Kit am achten Tag trotzdem machen.
Die Angestellte der Pharmacy, in der ich den Termin habe, nimmt mich nach einigem Hin und Her mit in einen winzigen Raum. Ein Aufsteller informiert mich darüber, dass dies ein geschützter Raum ist und ich Hilfe bekomme, falls ich welche benötige. Das löst ein schlagartiges Gefühl der Geborgenheit in mir aus.
Als gönnte sie mir dieses Gefühl nicht, rammt mir die junge Frau daraufhin den Wattestab in den Rachen, wie ein Messer und triggert meinen Würgreflex. Gerade will ich mich übergeben, da sagt sie „You are done“ und rammt mir das Ding ins rechte Nasenloch bis fast rauf zum Auge, dreht es mir dort mehrfach schmerzhaft herum und zieht es wieder heraus.
Kein Ergebnis
Anschließend fühle ich mich nicht mehr wie in einem geschützten Raum und hätte gerne Hilfe.
Die bekomme ich von meinem Freund.
Dieser huscht noch schnell bei Waitrose rein, fürs Abendessen.
Nach noch mehr Pinterest und einem köstlichen Dinner schauen wir die brillante BBC-Verfilmung von Nancy Mitfords Bestseller von 1945 The Pursuit of Love.
Mir ist das alles ein bisschen zu schnell und wirr und oberflächlich. Aber toll gespielt und gedreht. In der Mitte der zweiten Folge der nur dreiteiligen BBC-Miniserie bin ich schließlich drin und ganz verliebt in die beiden Hauptfiguren Linda (Lily James) und Fanny (Emily Beecham) und vor allem in Lord Mortimer (der unvergleichliche Andrew Scott).
Als ich mein Handy ausmache, habe ich noch kein Test-Ergebnis erhalten.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag sechs
Das Wetter da draußen hat wirklich nichts mit Mai zu tun. Seit Wochen hat es in London nicht geregnet. Aber gestern hat es begonnen und auch heute sieht es kaum besser aus. Temperaturen zwischen acht und vierzehn Grad.
Noch keine Nachricht von der Apotheke. Gefühlt checke ich alle fünfzehn Minuten meine Mails. Aber da steht nichts.
Wir überlegen bereits, wie wir mit dem Ausbleiben der Information umgehen. Sind keine News nicht good News? Darf ich trotzdem schon raus? Darf ich natürlich nicht. Und ich weiß, dass es mich 10.000 Pfund kosten kann. Das wirkt gerade auf den letzten Metern meiner Quarantäne eher abschreckend.
Grün ist meine Lieblingsfarbe
Nach dem Lunch checke ich meine Mails. Und da ist sie, die sehnsüchtig erwartete Nachricht, dass mein Account aktualisiert worden sei. Ich logge mich ein und sehe … Grün!!!!!
Ein grüner Punkt leuchtet mich an und ich klicke den entscheidenden Tag des Tests an. Und dort steht ebenfalls in grüner Schrift „negativ“. Ich bin eine freie Frau. London nimm Dich in acht!!! 😀
Das würde ich auch gerne dem Typen vom NHS entgegenjubeln, der direkt anschließend anruft und wieder sein Textlein abspult, zu Übungszwecken und mich fragt, ob ich mich für Test to release angemeldet habe. Ja, habe ich und ich bin negativ!!! Aber ich behalte es für mich. Ist ja nicht von Belang.
Farmer’s Market
Wir schlendern zur Kingsland Road. Wir wollen zum dortigen Farmer’s Market.
Doch zunächst machen wir einen Schlenker vorbei an der Skulptur für Mary Wollstonecroft mitten in Newington Green in Islington.
Das Kunstwerk steht abgezäunt, weil erst mal wieder Gras über die ganze Sache wachsen muss. Auch im Wortsinn. Der Rasen rund um das Werk ist plattgetrampelt und musste neu gesät werden. Er erholt sich gerade.
So viel Theater gab es um das Denkmal.
Die 1759 geborene Schriftstellerin und „Mutter des Feminismus“ – Mary Wollstonecraft – eröffnete mit 25 Jahren an genau diesem Park ein Internat für Mädchen und kämpfte zeitlebens für die Rechte von Frauen. Sie war darüberhinaus die Mutter der Frankenstein-Autorin Mary Shelley, deren Geburt sie, 38-jährig, jedoch nicht überlebte. So wie viele Frauen ihrer Generation im Kindbett starben.
Verzerrtes Bild
Der Aufschrei war groß, als die Künstlerin Maggi Hambling ihr silberglänzendes Objekt vergangenes Jahr enthüllte. Es wurde einerseits gefeiert, weil es das wohl erste Denkmal für Wollstonecraft weltweit ist und überfällig. Andererseits kritisierten gerade viele Frauen es als respektlos, dass die Revolutionärin nackt dargestellt ist. Sie selbst wurde wie ihre Mutter häufig vom alkoholkranken Vater misshandelt.
Das Bild, das durch die Presse ging verzerrt allerdings die Realität. Zu sehen war stets die lebensgroße, nackte Frau mit elaboriertem Schamhaar auf dem Venushügel. In Wirklichkeit steht sie auf einem Ungetüm von Brandung oder Fels (weibliche Formen sollen es sein) und ist kaum 30 Zentimeter hoch. Details sind mit der Lupe zu suchen, zumal hinter der Umzäunung.
Irgendwie daneben
Ich selbst fand das abgebildete Kunstwerk letztes Jahr irgendwie daneben. Es war so ein Störgefühl da beim Anblick. Aber in Natura hat es eine völlig andere Aura. Schön ist es nach wie vor nicht, aber auch nicht mehr daneben, eher zeitlos und vor allem sehr symbolisch.
Der Farmer’s market wird dann leider schon abgebaut, als wir endlich dort ankommen.
Change of plan. Über London Fields laufen wir zum Broadway Market und kaufen bubbly booze um meine neugewonnene Freiheit zu feiern.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag sieben
Juchhu! Mein erster offizieller vollständiger Tag als freie Frau. Es ist Sonntag. Die Sonne scheint, wie sich das für einen solchen Tag gehört und wir verlassen das Haus, voller Tatendrang. Wir laufen am Regent’s Canal entlang bis Victoria Park, dem ersten von Londons vielen Parkanlagen, die für die Bevölkerung gedacht waren, zumal in Londons East End. Er heißt dementsprechend „people’s park“.
Sonntags gibt es dort seit ein paar Jahren einen Markt mit allen möglichen Delikatessen. Von Scottish Egg bis Oysters.
Wir kaufen Grünzeug, Kuchen und ich kippe mir einen Becher Kombucha hinter die Maske.
Wir laufen einmal um den Park, weil es so schön ist und das Wetter so herrlich.
Zur Teatime sind wir wieder zu Hause.
La Cucaracha
Wie immer um diese Zeit, außer wenn es cats and dogs regnet, erklingt die Melodie von „La Cucaracha“. Sie kündigt den Eiswagen an, der gegenüber vor dem social housing block hält und Kinder glücklich macht.
Zwar bin ich kein Kind mehr, erinnere mich aber noch gut an die Eiswagenbesuche meiner Englandaufenthalte als Teenager. Früher oder später holten wir uns damals immer ein Soft-Ice with Flake – einer Stange aus gedrehter Luftschokolade. Das Softeis in England ist fest und reichhaltig und supercremig, hach. Muss mir endlich mal wieder eins holen. Allein die Lockmelodie, die der Eiswagen spielt, will mir nicht so recht einleuchten. Ob der Eismann nicht weiß, dass la cucaracha Kakerlake heißt?
Springgreens zum Dinner und Motherland zur Zerstreuung. Herrlicher Unfug über Mütter und einen Vater am Rande des Wahnsinns wieder auf BBC.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag acht
Schnöder Montag. Freier Montag. Dieses Pinterest kostet echt Zeit und dieses SEO erst recht. Wenn ich so weiter mache, wird der nächste Roman zwei Jahre brauchen, bevor ich ihn in die Weiten des Webs entlassen kann.
Der Anruf der Regierung kommt dieses Mal recht früh. Ob ich Test acht machen werde? Ja, werde ich, of course. (Vermutlich bloß eine rhetorische Frage). Habe ich noch Fragen? Nein, mittlerweile habe ich keine Fragen mehr. Alle Fragen werden mir jeden Tag beantwortet, ungefragt.
Ich teste an Tag acht und das Wattestäbchen berührt aus Versehen meine Zungenspitze, bevor ich damit meinen Rachen kitzele und mir in der Nase bohre. Hoffentlich verfälscht das jetzt nicht das Ergebnis.
Gekonnt packe ich das Päckchen – habe ja Übung von Tag zwei und wir bringen es in die Box nach Southwalk Cathedral.
Als freie Frau ist der Spaziergang noch schöner und der Besuch anschließend bei Waitrose ist sowieso immer ein Erlebnis. So viele tolle Dinge gibt es zu entdecken. Und ein supertolles eigenes Magazin und eine Zeitung am Wochenende. Natürlich macht beides für die Produkte Werbung, aber es gibt auch viele Rezepte und Infos zu verschiedenen Themen. Ich vermisse das bei deutschen Supermärkten.
Auf dem Nachhauseweg erwischt uns ein Gewitter. Es regnet cats and dogs…
Am Abend wieder Motherland auf BBC. Ich schlafe bei der dritten Folge (30-Minüter) ein.
Londonreise in Zeiten von Corona: Tag neun
Am nächsten Tag habe ich keine Mail vom Labor, dass mein Test angekommen ist.
Hoffentlich habe ich alles richtig gemacht. Vielleicht hat die Zungenspitze doch gestört?
Oder was?
Nach ein paar Stunden fällt es mir ein. Ich hätte den Test registrieren müssen. So steht es auf dem Anleitungsbogen. Den habe ich mir beim zweiten Mal nicht mehr ganz so genau und bis zum Ende angesehen.
Schnell registriere ich meinen Test… und bekomme fast postwendend die Antwort, dass mein Test im Labor angekommen ist und gerade untersucht wird.
Keine halbe Stunde später habe ich die Antwort, dass mein Test negativ ist.
Mein Freund macht sich wieder lustig über mich. Was ich denn erwartet hätte?
Ich lasse mich grundsätzlich überraschen…
Nun bin ich also auch ganz regulär raus aus der Quarantäne.
Fish and Chips
Wir laufen wieder zu Victoria Park, genauer – zu unserem Lieblings-Fish-and-Chips-Shop. Von allen Seiten dräuen düstere Wolken, der Wind frischt kräftig auf und es beginnt im Hintergrund zu donnern.
Ich habe es an anderer Stelle bereits erwähnt: Ich habe großen Respekt vor Gewitter und instinktiv beschleunige ich meinen Schritt.
Mein Freund versucht mich zu beruhigen, von wegen Gewitter in der Stadt ist ungefährlich. Ich habe ja auch keine Angst in dem Sinne, nur Respekt. 🙂
Gerade erreichen wir den Shop, da beginnt es wieder cats and dogs zu regnen. Wir bestellen cod and chips und skate and chips schön knusprig mit extra viel vinegar und nehmen unter der Markise Platz, auf die rhythmisch der Regen trommelt. Es ist bei weitem der gemütlichste Lunch ever.
Londonreise: Tag zehn
Wir laufen fast dreizehn Kilometer, mehr als 16.000 Schritte hin und zurück zu John Lewis – unserem Lieblingskaufhaus. Alles sehr aufregend in Zeiten von Corona. Der Verkäufer trägt als einziger weit und breit keine Maske und wir versuchen ihm schreiend unser Anliegen zu unterbreiten. Wir brauchen einen neuen Wasserkocher (in England natürlich unverzichtbar wegen des Tees) und eine Induktionsherd-Auflage. Mein Freund stellt von Gasherd auf Elektro um. Alles cool.
Dann noch schnell gegenüber zu Uniqlo. Während mein Freund Hosen anprobiert, habe ich die Gelegenheit die Art und Weise zu studieren, wie die Menschen in London Maske tragen. Das variiert von überhaupt nicht, über nur mit bedecktem Mund, bis bedecktem Mund und Nase, von Stoffmaske bis FFP2.
Auf dem Weg zurück baut sich das nächste Gewitter auf. Dieses Mal sind wir sicher zu Hause, als die ersten Tropfen fallen.
Kurzweilige Quarantäne
Ich jedenfalls hatte eine sehr kurzweilige Zeit der Quarantäne, stelle ich fest. Dumm nur, dass England nun von Deutschland wieder als Risikogebiet eingestuft wurde. Flöge ich, wie geplant zurück, müsste ich vierzehn Tage in Quarantäne. Allein.
Hm.
Da bleibe ich doch lieber hier, im Risiko- bzw. mittlerweile Virusvariantengebiet.
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