Der Duft des Regens
Ich machte Freudensprünge, als es letztens mitten im Juni regnete. So richtig Landregen, dicke Tropfen, die aufs Dach trommeln. Ohne Gewitter, ohne Sturm, einfach Old School Regen.
Ich hatte zuvor bereits mit meiner Mutter darüber nachgesinnt, was wohl zu tun sei, damit es endlich mal wieder regnet und die Bäume und Pflanzen nicht weiter darben müssen. Das Gras der Parks verfärbte sich da schon ins Augustgelbe. Dabei war Anfang Juni.
Meine Mutter und ich waren schnell bei der Option Regentanz und meine Mutter ging noch eins weiter und landete beim Film. Genauer gesagt bei „The Rainmaker“ – mit Katherine Hepburn und Burt Lancaster. Wobei wir beide lieber Audrey Hepburn mögen. Viel lieber. Katherine Hepburn hatte diese seltsame Strenge im Gesicht, ihre Haut wirkte schon früh wie gestrafft. Egal, Burt Lancaster war natürlich schön.
Ich kannte „Der Regenmacher“ noch nicht, fand aber bei der Suche nur sehr teure DVDs zum Kauf im Internet beziehungsweise die Verfilmung von Coppola von 1997 mit Matt Damon. Habe ihn noch immer nicht gesehen. Und der Regen kam dann ja auch so.
Und mit ihm der Duft. Dieser wunderbar frische grasige, blättrige, duftige, erdige Duft des Regens. Er ließ mein Herz aufgehen, wie eine Knospe (Oje, kitschig?) und ich freute mich, wie ich mich wahrscheinlich noch nie über Regen gefreut habe. Ich hegte bereits den Verdacht, dass wir Regen verlernt haben. Die letzten Sommer und sogar einen Winter gab es so gut wie keinen. Und auch dieses Jahr unkten einige Experten wieder vom nächsten Hitzesommer und von der nächsten Dürre. Der Wind ging auch in diesen ersten Juniwochen durch die Blätter und ließ sie herbstlich rascheln.
Siebenschläfer bringt Regen
Und jetzt Samstag kam der Siebenschläfer mit seinem sonnig-feucht durchmischten Wetter. Alles war dabei. Sonne, Regen, frische Morgen- und Nachtluft und hohe Tagestemperaturen. So eine Art Sommerapril. Und wieder machte ich Freudentänze statt Regentänze. Denn wenn das jetzt sieben Wochen so bleibt, ist alles dabei. Und alle haben etwas davon.
Auch wenn jetzt wieder die üblichen Verdächtigen ein langes Gesicht ziehen über das Wetter. Seid dankbar! Regen bringt Segen. So sagt man doch. Er ist unverzichtbar für eine gute Ernte und für unsere Wasserreserven. Von zu viel sind wir weit entfernt.
Heute hat es noch gar nicht geregnet. Nur Wolken ziehen vorüber und windig ist es auch. Vielleicht sollte ich doch schon mal ein kleines Regentänzchen einstudieren. So prophylaktisch. Schon allein für den Duft lohnt es sich.
Der hat sogar einen Namen: Petrichor. Das ist griechisch und setzt sich zusammen aus Petra – Stein und Ichor – Götterblut.
Deshalb duftet der Regen
Wissenschaftler haben herausgefunden, wie dieser charakteristische Geruch entsteht. Er ist umso intensiver, je länger es nicht geregnet hat. Ein Regentropfen, der auf der Erde aufschlägt, entfesselt so viel Energie, dass Duft- und Schwebstoffe von Pflanzen, Blumen und Erde in die Luft steigen und sich dort in Aerosolen halten, die der Wind dann auch zu unseren Nasen transportiert. Dazu gesellt sich Geosmin. Dieser Alkohol wird, vereinfacht ausgedrückt, bei Regen von einem bestimmten Bakterium (Streptomyces) freigesetzt, das wiederum die Nahrung von Kleinstlebewesens ist. Durch den erdigen Geruch von Geosmin machen die Bakterien auf sich aufmerksam, um gefressen und verbreitet zu werden.
Dieses natürliche Zusammenspiel löst vor allem nach längerer Trockenheit das Potpourri aus, das wir als Duft des Regens kennen und mögen.
In Kannauj, Indiens kleiner Parfüm-Hauptstadt am Ganges, destillieren die Bewohner aus Petrichor übrigens seit langem ein Parfum. Es heißt mitti-attar und bedeutet übersetzt, wie könnte es anders sein – Duft des Regens.
Hach, ich liebe den Regen!
3 Kommentare
Adeline Morlon
Ich würde so gerne das Parfum Mitti-attar riechen… hattest du schon das Glück? Après l’Ondée von Guerlain, ist einer meiner lieblingsdüfte!
katjapelzer
Liebe Adeline, leider nicht! Aber ich liebe den Duft, den die Natur verströmt, wenn es nach langer Trockenheit endlich wieder regnet. Von Guerlain mag ich sehr l’heure bleue. Das beschreibt zwar keinen Naturduft, aber ja eben auch ein Naturphänomen. Ich werde jetzt auf jeden Fall auch mal in Après l’Ondée hineinschnuppern. Danke für den Tipp!
Pingback: