Lachmöwe am Strand
Mimosen-Blog

(Keine) Begegnungen im Homeoffice

Still ist es geworden vor meinem Fenster. Der Zilpzalp war schon länger nicht mehr zu hören. Während ich an der Nordsee weilte, hat sich offensichtlich auch meine kleine Mönchsgrasmücke aus dem Staub gemacht. Heimlich, still und leise. Wahrscheinlich sind die Kinder aus dem Haus und er und seine Gemahlin sind umgezogen, haben sich etwas Kleineres gesucht. Reicht ja dann auch.
Sie alle haben mir keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich kenne ihren neuen Aufenthaltsort nicht und sie haben auch keinen Nachsendeauftrag erteilt.

Das einzige, was ich jetzt noch vernehme sind die Schreie der Mauersegler, dieser Delfine der Lüfte, in ihrem hohen Himmelsmeer. Auch das Doppeldecker Mauersegler-Paar ist wieder dabei. Es übt sich im Synchronfliegen – atemberaubend und elegant.
Die Mauersegler finden sich mittlerweile in größeren Gruppen zusammen. Sie sind ebenfalls auf dem Absprung, beziehungsweise kurz vor dem Abflug. Stichtag ist der 1. August.
Und wie jedes Jahr scheint mir der Abschied von den Vögeln gleichbedeutend mit dem Ende des Sommers.

Denn was ist ein Sommer ohne Vogelgesang?
Der eine oder andere Kohlweißling flattert über die reifen Brombeeren und tut sich gütlich am Sommerflieder, der ja nicht umsonst auch Schmetterlingsflieder heißt.
Still ist es geworden im Grün. Hier und da krächzen mal eine Krähe oder eine Elster. Beides nicht gerade sympathische Vögel, passen aber zu uns Menschen. Oder das gutturale Gurren einer Wildtaube ist zu vernehmen. Doch selbst diese feisten Vögel haben ihre Piep-Shows mittlerweile eingestellt.
Dabei ist es doch gerade mal Ende Juli.

Liebestanz der Lachmöwen

Vielleicht fehlen mir aber auch nur die keckernden Austernfischer, die in Gruppen von Halbstarken das Watt überfliegen und ihre Stimmen ausprobieren. Oder die liebestanzenden Lachmöwen, deren ausgefeilte Choreografie mich am Strand unterhielt, wenn ich mit einem Buch im Strandkorb saß. Allerdings habe ich nie viele Sätze am Stück geschafft, denn es erschien mir die reinste Verschwendung, die Nase in ein Buch zu stecken, wenn es doch am Meer so viel zu sehen gibt. Allein die Farbe des Wassers, die sich minütlich ändert. Die Form der Wolken. Ebbe und Flut. Des Nachts der Sternenhimmel. Der allerdings sehr lange auf sich warten ließ, weil es im Norden eine gefühlte Stunde später dunkel wurde als in unseren Breiten.
Eines späten Abends sah ich durchs Küchenfenster der Ferienwohnung am Himmel über dem Feld, rechts unterhalb des Großen Wagens – den Kometen Neowise (C2020/F3).
Er ist nur deswegen zu sehen, weil er derzeit nur eine Million Kilometer Abstand von der Erde hat – also von uns.
So sah ich ihn und obwohl er sich nicht zu bewegen schien, rauscht er durchs All mit seinem breiten Feuerschweif. Diese Begegnung hat mich tief berührt, mir aber auch wieder einmal auf eindrucksvolle Weise deutlich gemacht, wie klein und unbedeutend wir Menschen sind.
Der Komet Neowise fliegt nämlich auch weiterhin durchs All und kommt auch mal wieder an der Erde vorbei, allerdings vermutlich erst in 6000 Jahren. Es war also ein wahrhaft historische Begegnung.

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